Poster – Ethische und institutionelle Herausforderungen

M. Osipova, K. Marra, E. Hornecker: Feminismus und Technologie: Erforschung der Ansätze in der akademischen Forschung und der Industrie

Die Frage, wie man geschlechtergerechter Technologien gestalten kann, ist ein wesentlicher Bestandteil der Forschung im Bereich der Mensch-Computer-Interaktion (MCI), und prägt derzeit den Diskurs der Agenda auf diesem Gebiet. In der Regel werden geschlechtsspezifische Vorurteile jedoch erst entdeckt, nachdem die Technologie eingesetzt wirsd, sodass auch hier eine „Altlast“ entsteht, mit der man sich auseinandersetzen muss.
Die Hauptursache liegt jedoch in der Art und Weise, wie man an die Technologieentwicklung herangeht, denn nicht nur die Denkweise, sondern auch der Wortschatz, den Designer/innen und Entwickler/innen verwenden, damit sie sich auf den Benutzer beziehen, kann sich negativ auswirken und geschlechtsspezifische Vorurteile in die resultierenden Lösungen einbringen. Die oben genannten Probleme führen in der Regel zu spezifischen Vorurteilen gegenüber weiblichen Nutzern, da „der typische Nutzer“ oft ein Mann ist. Die Bekämpfung solcher kritischen Probleme in der Informatik wurde in den letzten zwei Jahrzehnten ernst genommen, was zu Arbeiten und Rahmenkonzept geführt hat, die ersten Ergebnisse unserer Literaturrecherche zeigen jedoch, dass keine der beiden Methoden einen Weg bietet, die Geschlechterproblematik im Vorfeld auf praktische Art und Weise zu bekämpfen, um die daraus resultierenden Vorurteile auszuschließen.
In Anbetracht dessen haben wir uns darauf konzentriert, zu untersuchen, wie sowohl Wissenschaftler als auch Technologieunternehmen derzeit an die Entwicklung von Technologien herangehen, um sie feministischer zu gestalten und der Beitrag unserer Arbeit gibt einen Überblick des aktuellen Stands der Technik in beiden Bereichen, indem er Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Ansätze aufzeigt und die wichtigsten Fragen umreißt, denen man sich widmen sollte und die in Zukunft berücksichtigt werden sollten.

M. Müller, W. Brink, S. Voigt-Heucke: Kapazitätsaufbau für partizipative Forschung: Angebote und Entwicklungen der deutschen Citizen-Science-Plattform Bürger schaffen Wissen

Wie gestaltet sich erfolgreiches Freiwilligenmanagement in partizipativen Forschungsprozessen? Welchen Ton trifft eine effektive Projektkommunikation? Welche Methoden eignen sich zur Wirkungsmessung partizipativer Forschung? Mit diesen und weiteren Fragen beschäftigen sich Wissenschaftler*innen zumeist das erste Mal in ihrer Karriere, wenn sie sich entscheiden, gemeinsam mit Bürger*innen Wissen zu schaffen. Die Vermittlung sozialer, kommunikativer und anderer für die partizipative Forschung wesentlicher Kompetenzen ist selten Bestandteil der wissenschaftlichen Ausbildung. Traditionell konzentriert sich die Ausbildung ausschließlich auf fachspezifische Inhalte. Nicht zuletzt spielt dabei auch eine Rolle, dass es der partizipativen Forschung gegenwärtig noch an Reputation im Wissenschaftssystem mangelt. Es liegt daher zumeist in der Verantwortung der Wissenschaft*innen, sich eigenständig Kompetenzen im Bereich Forschungstransfer sowie partizipativer Forschung anzueignen. Dies findet häufig prozessbegleitend oder im Modus des Learning by doing statt. Dementsprechend reflektieren Wissenschaftler*innen zwar überwiegend positiv über die kollaborative Wissensgenerierung, betonen aber im Nachhinein, dass sie sie auf die Herausforderungen partizipativer Forschung nicht ausreichend vorbereitet waren. Die nachhaltige Etablierung partizipativer Formate in der Wissenschaft beginnt daher mit der Ermutigung und Befähigung von Forscher*innen zur Umsetzung von Partizipationsprozessen. Vor diesem Hintergrund ist Capacity Building ein wichtiges Stichwort: Die deutsche Citizen-Science-Plattform Bürger schaffen Wissen ist bereits seit mehreren Jahren mit Workshops sowie weiteren Lern-, Informations- und Vernetzungsformaten im Bereich Citizen Science aktiv. Das Poster gibt einen Überblick über die aktuellen Capacity-Building-Angebote von Bürger schaffen Wissen und lädt Akteur*innen aller partizipativen Disziplinen zur Diskussion über deren Weiterentwicklung ein.

C. Pauls: KomPa: Kommunale Konfliktberatung und Partizipative Konfliktforschung

Mit dem Ziel, Kommunale Konfliktberatung (KKB) besser zu verstehen und weiterzuentwickeln, arbeiten Mitarbeiterinnen der KKB des Forums Ziviler Friedensdienst e.V. (forumZFD) und Mitglieder des Lehrstuhls für Politikwissenschaft, Friedens- und Konfliktforschung der Universität Augsburg im partizipativen Forschungsprojekt KomPa zusammen. Mithilfe des Posters soll das Projekt vorgestellt werden – und damit zentrale Eckpfeiler, Erfahrungswerte und Ergebnisse aus rund zwei Jahren intensiver gemeinsamer Forschung. In ihrem Fokus stehen die Erfordernisse und Bedarfe der Praxis der KKB und deren Wirken im Kontext kommunaler Konfliktprävention und -bearbeitung. Die Praxis der KKB wird im partizipativen Prozess, der Perspektiven von Praktikerinnen und Wissenschaftler*innen systematisch miteinander verschränkt, reflektiert, weiterentwickelt und wissenschaftlich weiter fundiert. Hierfür werden unterschiedliche Beobachtungen und Erfahrungen dokumentiert, Daten erhoben und Wissensbestände aufbereitet, um durch die gemeinsame Analyse und Reflexion ein differenziertes Bild der mit KKB verbundenen Prozesse zu gewinnen.
Das KomPa-Projekt erhält finanzielle Förderung durch den Asyl , Migrations- und Integrationsfonds der Europäischen Union (AMIF) im Rahmen des Projekts „Kommunale Konfliktberatung: Konflikte als Chance für eine nachhaltige Integration“ des forumZFD.

R. Rehak, S. Saba, A. Ullrich, A. Hamm, B. Nölting: Herausforderungen bei der Entwicklung einer transdisziplinären Wissens-Community für die digitale und nachhaltige Transformation von Kommunen

Kommunen befinden sich derzeit in einem doppelten Transformationsprozess. Einerseits wollen sie ihre öffentlichen Dienstleistungen verbessern, zum Beispiel durch mehr Bürgerbeteiligung und höhere Benutzerfreundlichkeit durch digitale Technologien. Zum anderen wollen sie umweltfreundlicher werden und die negativen Auswirkungen der Digitalisierung auf die Umwelt minimieren. Trotz dieses breiten Aufgabenspektrums stehen die vielen heterogenen Kommunen bei Transformationsprozessen vor ähnlichen Herausforderungen. Zum Beispiel, wenn es um die Auswahl von Partizipationswerkzeugen, wie Open-Source-Tools, oder die Bereitstellung umweltfreundlicher und inklusiver digitaler öffentlicher Dienstleistungen von der Energie- und Wasserversorgung bis hin zu Bildung und Pflege geht. Bei der Umsetzung des Wandels geht es aber oft weniger um technologische Innovationen als um eine gute Anpassung an den lokalen Kontext und damit um soziale Innovationen. Wir argumentieren, dass Kommunen, Bürger*innen, Fachleute und Forschende vom Austausch von Praktiken, Wissen und Instrumenten sowie von der Beteiligung an künftigen Projekten profitieren können, um ihre begrenzten Ressourcen zu bündeln und gleichzeitig von den Erfahrungen der anderen im Umgang mit Herausforderungen zu lernen. Demgemäß stellen wir einen Ansatz vor, der auf diesen Bedarf ausgerichtet ist: eine transdisziplinäre Wissensgemeinschaft zur Förderung der selbstbestimmten Digitalisierung und des nachhaltigen Wandels von Kommunen. Diese Gemeinschaft wird mit Hilfe eines Netzwerkansatzes aufgebaut und zielt darauf ab, Wissen zu schaffen und sich zu Herausforderungen auszutauschen, um das Lernen und die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen betroffenen Akteuren zu fördern. Die Kommunen sollen in die Lage versetzt werden, Teilziele, Praktiken und Erfahrungen auszutauschen, Fehler zu vermeiden, eingesetzte Technologien zu diskutieren und potenzielle gemeinsame öffentliche Ausschreibungen zu koordinieren, um Herausforderungen und Synergiepotentiale zu teilen.

Patrizia Held (Hochschule Furtwangen): Partizipative Technikentwicklung mit Menschen mit Demenz: Brücken schlagen zwischen Idealvorstellungen und realisierbarer Teilhabe

Die partizipative Technikentwicklung mit Menschen mit Demenz hat in den letzten Jahren an
Bedeutung gewonnen. Dieser Ansatz strebt danach, die Teilhabe und Autonomie von Menschen mit
Demenz zu verbessern, indem sie aktiv in den Entwicklungsprozess von digitalen Technologien
einbezogen werden. Die Einbeziehung ermöglicht eine menschenzentrierte Herangehensweise, die
die Bedürfnisse der Betroffenen, ihre Fähigkeiten und Präferenzen in den Vordergrund der
partizipativen Zusammenarbeit stellt. Es ist ein Schritt in Richtung einer inklusiven Gesellschaft, in
der Technologien für alle entwickelt werden, unabhängig von ihrem kognitiven Status. Die Brücke
zwischen idealistischen Visionen und realistischen Möglichkeiten zu schlagen, bleibt jedoch eine
komplexe Herausforderung.
In diesem Beitrag wird das Konzept der partizipativen Technikentwicklung im Kontext von Demenz
am Beispiel des von der Carl-Zeiss-Stiftung geförderten Projekts „Digitale Technologien für die
Versorgung von Menschen mit Demenz – DIDEM“ vorgestellt und die damit verbundenen
Herausforderungen und praktischen Überlegungen beleuchtet. Im Projekt werden unter anderem
Einsatzmöglichkeiten von digitalen Technologien in der stationären Betreuung von Menschen mit
Demenz untersucht und Lösungen in einem partizipativen Prozess mit den Betroffenen und ihren
Betreuungskräften co-designt. Darüber hinaus werden Strategien zur effektiven Einbindung von
Menschen mit Demenz, zur Bewältigung ethischer Bedenken sowie zur Gewährleistung
gestaltungsbezogener Anforderungen der entstehenden Technologien erarbeitet. In diesem
Zusammenhang werden Anforderungen an die Zusammenarbeit mit Menschen mit Demenz definiert
und demenzsensible partizipative Ansätze beleuchtet.
Abschließend bietet der Beitrag konkrete Empfehlungen für eine sinnvolle und effektive Einbindung
der Betroffenen in den Entwicklungsprozess durch die Schaffung von realistischen Erwartungen und
die Berücksichtigung der individuellen Bedürfnisse und Perspektiven. Durch die Diskussion sowohl
der idealistischen Ansprüche als auch der pragmatischen Einschränkungen liefert dieser Beitrag
wertvolle Einblicke für Forscher:innen, die bereits an der Entwicklung von Technologien für
Menschen mit Demenz beteiligt sind oder sich zukünftig den wissenschaftlichen Herausforderungen
dieses Bereichs stellen möchten.

I. Heuer, A. Kasberg, M. Kuchler, C. Münte, M. Märker, S. Tiefenthaler, K. Schmidt, I. Spiewok, R. Thalhammer, M. von Köppen: Ethische Fallreflexion: Die Entwicklung eines Leitfadens zur kollegialen Reflexion ethischer Dilemmata in der partizipativen Forschungspraxis

Partizipative Forschung stellt einen vielversprechenden Möglichkeitsraum dar, kooperativ soziale Wirklichkeit zu verstehen und an Veränderungen in Richtung einer solidarischeren Gesellschaft zu arbeiten. Die Einbeziehung der Perspektive derjenigen, die die jeweilige Thematik aus eigener Erfahrung kennen, ist wichtig, um dem Risiko epistemischer Ungerechtigkeit entgegenzutreten und wird beispielsweise in der UN-Behindertenrechtskonvention als Menschenrecht eingefordert. Sie ist gleichzeitig ein zentraler Baustein bei der Suche nach nachhaltigen und praxisnahen Ergebnissen. In der Praxis stellt dieser Ansatz Beteiligte (Wissenschaftler:innen, Fachkräfte und lebensweltliche Expert:innen) jedoch häufig vor diverse Herausforderungen (Unger, 2014). Hierzu zählen unter anderem strukturelle Barrieren, Rollenkonflikte und ungleiche Machtverhältnisse (Fine et al., 2021). Empirische und normative Fragen sind dabei oft so eng miteinander verknüpft, dass der Umgang mit ihnen nur gelingt, wenn partizipativ Forschende eine kritisch-reflexive und ethische Haltung ausbilden. Gerade weil ein starker Handlungsdruck in der forschenden Praxis besteht, ist es von zentraler Bedeutung, herausfordernde und dilemmatische Situationen zum Gegenstand von Reflexionen zu machen. Das Arbeiten an Fallbeispielen (Banks & Brydon Miller, 2019) in einem geschützten Rahmen ist hierbei hilfreich und erkenntnisfördernd. Hierzu hat die PartGroup, eine Gruppe von wissenschaftlich Forschenden die Teil des Netzwerks partizipative Gesundheitsforschung (PartNet) sind, in den letzten zwei Jahren eine Arbeitshilfe für individuelle und kollegiale ethische Fallreflexionen entwickelt. Inspiriert durch die Erkenntnisse der empirischen Ethik (Leget et al., 2009) und der Herangehensweise des action learning (McGill & Brockbank, 2004), entwickelten und erprobten wir einen Leitfaden für die Reflexion ethisch herausfordernder Situationen. Dieser soll Forschende methodisch dabei unterstützen, ein vertieftes Verständnis des jeweiligen ethischen Dilemmas bzw. Spannungsfeldes zu erreichen. Solche Reflexionsprozessen rücken die Auseinandersetzung mit vielfältigen Erfahrungen und Perspektiven (Guillemin & Gillam, 2004) in den Mittelpunkt. Die Arbeitshilfe ist daher so gestaltet, dass sie nicht auf das Auffinden einer „richtigen Lösung“ abzielt, sondern Handlungsalternativen aufzeigt und zu einem Perspektivwechsel anregt. Ziel des Beitrags ist es, ausgehend von einer theoretischen Betrachtung der ethischen Herausforderungen und Dilemmata, den entwickelten Leitfaden zur kollegialen Fallreflexion vorzustellen und die methodischen Überlegungen der Entwicklung zu diskutieren.

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