Parallel A | Donnerstag

9:30 – 11:00 Uhr

Bibliothek Ideenreich (Hauptraum)

L. Münch S. Müller, T. Lorenz, R. Brikmanis-Brückner, I. Hodgson, L. Link: „Rahmenbedingungen und Machtverhältnisse für eine gelingende partizipative und transdisziplinäre Technikentwicklung”
Moderation: S. Müller aus Sicht der Leitung des Forschungsprojekts
Diskussion:
L. Münch aus Sicht der wiss. Mitarbeiterin seitens der Sozialen Arbeit
T. Lorenz aus Sicht der wiss. Mitarbeiterin seitens der Informatik
R. Brikmanis-Brückner aus Sicht der pädagogischen Mitarbeiterin der Lebenshilfe
I. Hodgson aus Sicht der (Digital-) Kuratorin des Museums
L. Link aus Sicht der Werkstattmitarbeiterin der Lebenshilfe und potentielle Nutzer*in der App

Im Projekt „Kulturelle Teilhabe im Museum – Potenziale der Digitalisierung“ arbeiten die Fakultäten Informatik und Soziale Arbeit der Ostfalia Hochschule, das Deutsche Schifffahrtsmuseum Bremerhaven und die Lebenshilfe Bremerhaven transdisziplinär im Rahmen eines Co-Creation Ansatzes zusammen. Übergeordnetes Ziel des Projektes ist es, die Teilhabemöglichkeiten von Menschen mit geistigen Beeinträchtigungen (Diese Bezeichnung wurde von den betroffenen Teilnehmenden in unserem Projekt gewünscht.) in Museen zu stärken. In einem agilen und partizipativen Prozess wird die CompanionApp zur Orientierung im Museum entwickelt.
Ziel der transdisziplinären Zusammenarbeit ist es, über die Grenzen einzelner Fachbereiche hinauszugehen und eine ganzheitliche Perspektive einzunehmen, um umfassendere Lösungsansätze zu entwickeln. Dabei geht es nicht nur um die Verknüpfung verschiedener Disziplinen, sondern auch um die Integration unterschiedlicher Wissensbestände und Perspektiven, wie z.B. wissenschaftliches Wissen, Erfahrungswissen von Praktikern und das Wissen der Nutzergruppe. In unserem Fall sind dies Wissenschaftlerinnen (partizipative Forschung und Technikentwicklung), (digitale) Kuratorinnen, Museumspädagoginnen und Heilerziehungspflegerinnen. Dieser transdisziplinäre Ansatz stellt einen gegenseitigen Lernprozess dar, der eine enge Zusammenarbeit zwischen den jeweiligen Beteiligten, die Entwicklung einer gemeinsamen Sprache und damit eine Co-Produktion von (wissenschaftlichem) Wissen und die Bereitschaft, sich auf andere Perspektiven einzulassen und gemeinsam nach Lösungen zu suchen, erfordert.
In der transdisziplinären Zusammenarbeit und insbesondere in der gemeinsamen Arbeit mit vulnerablen Gruppen ist es wichtig, sich mit den Machtverhältnissen auseinanderzusetzen. Ein transdisziplinärer Ansatz ermöglicht es, unterschiedliche Perspektiven und Fachkenntnisse zu kombinieren, um Ungleichheiten zu erkennen und abzubauen. In unserem Projekt haben wir über einen Zeitraum von vier Jahren versucht, eine ausgewählte Gruppe von Menschen mit geistigen Beeinträchtigungen in den Forschungs- und Entwicklungsprozess einzubeziehen. Ihre Erfahrungen und Perspektiven sind für uns wertvoll, um ein Verständnis für ihre Interessen und Herausforderungen (in Museen) zu entwickeln, aber auch um ihre Fähigkeiten und Bedarfe zu identifizieren. Dies führt zu einer größeren Usability, Accessibility und einem adäquaten Design und damit zu einer höheren Akzeptanz der entwickelten CompanionApp. Das Angebot an die Beteiligten des Projektes und insb. an die Menschen mit geistiger Beeinträchtigung, sich aktiv einbringen zu können, erfolgte auf verschiedenen Wegen, z.B. bei der partizipativen Ermittlung der Bedarfe und Interessen, bei Designfragen und Fragen der Menüführung bei der App-Entwicklung, bei einer Posterpräsentation auf einer Konferenz, etc. Insgesamt bietet die partizipative Zusammenarbeit mit Menschen mit geistigen Beeinträchtigungen eine große Chance, um ihre Teilhabe am kulturellen Leben grundlegend zu fördern.
Wir möchten eine Panel-Diskussion durchführen, in der Vertreter*innen der beteiligten Institutionen zum Thema „Rahmenbedingungen und Machtverhältnisse für eine gelingende partizipative und transdisziplinäre Technikentwicklung“ und insbesondere zu den folgenden Fragen diskutieren:
Was sind Gelingensbedingungen partizipativer und transdisziplinärer Forschung?
Welche Herausforderungen haben sich durch die partizipative und transdisziplinäre Forschung im Projekt ergeben?
Welche Rahmenbedingungen müssen geschaffen werden, um z.B. Menschen mit geistigen Beeinträchtigungen gleichberechtigt einzubeziehen?
Sind ungleiche Machtverhältnisse im Projekt sichtbar geworden? Wenn ja, wann und wobei? Wie wurde damit umgegangen?
Wie verlief die Kommunikation zwischen den verschiedenen Akteursgruppen?
Gibt es neben einem „zu wenig an Partizipation“ auch ein „zu viel an Partizipation“ und wann und wie zeigt sich dies?

Bibliothek Raum 211
I. Engel P.-E. Jansen: „Einbeziehung marginalisierter Gruppen in die Citizen Science Forschung am Beispiel des Projekts BEFEM – Herausforderungen und Chancen“

Die modernen, heterogenen Zu- und Einwanderungsgesellschaften sehen sich immer stärker herausgefordert, das historische Selbstverständnis der deutschen und der nicht-deutschen Familiennarrative, zu thematisieren. Beruhend auf gegenseitiger Anerkennung und dem Respekt vor partikularen Erfahrungen als integrativen Bestandteil eines solidarischen Zusammenhalts in einer demokratischen Gesellschaft stehen diese verstärkt im Zentrum des demokratischen Diskurses. Das umfasst sowohl die historische Vergangenheit Deutschlands als prägendes, kollektives Narrativ der Mehrheitsgesellschaft, als auch die Wahrnehmung der durch Politik, Kultur und Geschichte beeinflussten Erfahrungen von Migrantenfamilien und marginalisierten Gruppen. Das Projekt BEFEM (Bürgerwissenschaftliche Erforschung der Familiengeschichte von Einheimischen und MigrantInnen und ihr Verhältnis zur NS-Geschichte) erforscht die oben genannten Zusammenhänge als Citizen-Science Projekt. Dafür ist es entscheidend marginalisierte Gruppen und ethnische Minderheiten aktiv in die Forschung einzubeziehen. Der Vergleich von Familiennarrativen von Einheimischen und Menschen mit Migrationshintergrund bzw. eigener Fluchterfahrung steht im Fokus des Projekts, das ein Geschichtsbewusstsein als aktiven Beitrag zur Stärkung der Demokratie fördert. Während des Projekts wurden Strategien zur Einbeziehung marginalisierter Gruppen in den Bereich der Citizen Science Forschung konzipiert und unter anderem weitere entsprechend Unterprojekte speziell zu dieser Thematik entwickelt. Der vorliegende Beitrag zeigt, wie Vielfalt in der Forschung gefördert werden und diskutiert wie die aktive Einbindung marginalisierter und unterrepräsentierter Gruppen gelingen kann.

JS. Mewes: „Knowing citizen science. Social epistemologies and epistemic practices in a national citizen science contest in Germany“

As the acceptance of citizen science grows, so does the demand for more reflexivity in the field. Research in the social sciences and humanities has long described the participation of non-academics or ‚amateurs‘ in academic knowledge production, and has shown that current activities grouped under the term citizen science have the potential to advance the discussion of the relationship between science and society in terms of knowledge acquisition and transfer. Mahr and colleagues have argued for the benefits of enhanced collaboration between Citizen Science and the social sciences and humanities, particularly Science and Technology Studies, in light of the increased need for (epistemological) reflection by and in Citizen Science (Mahr et al., 2018).
The paper theoretically connects to recent approaches in the field of Science and Technology Studies that address, on the one hand, the social epistemologies of Citizen Science as a research framework and, on the other hand, the diversity of involved actors and epistemic practices in Citizen Science practice (Kasperowski and Kullenberg, 2019; Oudheusden et al., 2023; Strasser et al., 2019; Schrögel and Kolleck, 2019).
Using this lens and based on document analysis and initial insights into data from a small-scale qualitative interview study, the paper develops further the understanding of how Citizen Science is promoted and conceptualized in “Auf die Plätze!“ Citizen Science in deiner Stadt”, Germany’s first national citizen science contest in Germany. Various documents produced for or in the context of the contest, such as jury statements or informational materials for participants and the public, are analyzed as technologies that implement specific epistemologies of what Citizen Science is, can be, and/or should be.
Critically reflect what epistemologies and associated practices are made visible and strengthened will provide transferable knowledge for advocates of citizen science, scholarship in the upcoming field of citizen science studies and beyond. It also means to promote further diversification of epistemic practices in terms of actors, objectives, and expertise involved in participatory research.

H. Kaspar C. Müller, S. Gashi, D. Kirschsieper: „Arbeitsteilige und dialogische Zusammenarbeit verschiedener Wissensbestände: Reflexionen zur Wissensproduktion aus einem partizipativen Forschungs- und Entwicklungsprojekt“

Gleichberechtigte Forschungspartnerschaften zwischen Wissenschaftler:innen und Bürger:innen und/oder Fachpersonen aufzubauen, ist ein Ziel, das partizipative Ansätze unterschiedlicher disziplinärer Herkunft teilen. In der Zusammenarbeit auf Augenhöhe soll Wissen generiert werden, das benachteiligten Gemeinschaften oder sozialen Gruppen zugutekommt. Als eine zentrale Voraussetzung für das Gelingen der Zusammenarbeit werden allgemein die Wertschätzung und Integration verschiedener Wissensbestände genannt. Wissensbestände können aus Erfahrungen aus dem Alltag und der beruflichen Praxis bestehen. Man unterscheidet zudem kontextuelles, relationales und konzeptionelles Wissen. Es gibt jedoch nur wenige Berichte, die Überlegungen, geschweige denn Anleitungen für die komplexe Ko-Produktion von Wissen enthalten. Wie gelingt es, dass verschiedene Expertisen tatsächlich für die Wissensproduktion fruchtbar gemacht werden können? Wodurch wird das Zusammenfliessen verschiedener Expertisen erschwert?
In diesem Fachvortrag reflektieren wir eine dreijährige Forschungspartnerschaft zwischen Akademiker:innen und Einwohner:innen, Fachpersonen und politischen Entscheidungsträger:innen einer Schweizer Gemeinde. Das Projekt orientierte sich am Ansatz der Community-based participatory research (CBPR). Ziel war es, Sorgende Gemeinschaften zu initiieren und ihr Potenzial für ein gutes Alter(n) zuhause einzuschätzen. In einem ersten Schritt identifizierten wir zuerst die lokalen Sorge-Bedürfnisse älterer Menschen. Dafür bildeten wir Interessierte zu Co-Forschenden aus und führten eine gemeinsame Studie durch. In einem zweiten und dritten Schritt entwickelten wir dann lokale Sorge-Initiativen und evaluierten diese.
Der Vortrag fokussiert auf den ersten Schritt und zeigt, welche unterschiedlichen Wissensbestände in Momenten der Zusammenarbeit entstanden sind und wie sie miteinander interagierten. Basierend auf den Erfahrungen in diesem Projekt, unterscheiden wir zwei Formen der Interaktion zwischen Wissensbeständen: (1) die arbeitsteilige Kooperation und (2) die dialogische Kooperation. Bei ersterer verteilen sich unterschiedliche Wissensbestände auf verschiedene Aufgaben, während bei letzterer sich verschiedene Wissensbestände gegenseitig beeinflussen, indem sie sich informieren und inspirieren und so in der Auseinandersetzung zur Entwicklung neuer Lösungen beitragen. Der Beitrag argumentiert, weshalb die dialogische Kooperation diverser Wissensbestände das Ziel partizipativer Forschung sein sollte, und gibt Hinweise auf Gelingensbedingungen.

M. Müller. U. Sturm, S. Voigt-Heucke: „Getragen von Bürger:innen, belegt durch Zahlen: Bibliometrische Befunde zur Bedeutung und Entwicklung von Citizen Science“

Citizen Science als Ansatz für Partizipation in der Wissenschaft verbreitet sich seit einigen Jahren international und auch in Deutschland mit einer stetig wachsenden Zahl von Projekten. Auch in wissenschaftlichen Publikationen wird der Begriff Citizen Science in den vergangenen zwanzig Jahren immer häufiger als Keyword verwendet. Diese Entwicklung könnte darauf hindeuten, dass Citizen Science in der Forschung an Bedeutung gewinnt. In unserem Beitrag gehen wir daher folgenden Fragen nach: Welche Publikationsmuster prägen das Feld bisher? In welchen Disziplinen wird Citizen Science als Ansatz zur Partizipation in der Wissenschaft genutzt? Aufschlussreiche Antworten auf diese Fragen liefert die Bibliometrie, also die quantitative Analyse wissenschaftlicher Publikationen. Im Vortrag wird auf Basis bibliometrischer Daten das Wachstum und die Verbreitung von Citizen Science in der Wissenschaft aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet. Die Untersuchung von Publikationsmustern, Zitationsmetriken und Autorenschaften liefert wertvolle Erkenntnisse für die Weiterentwicklung und Förderung von Citizen Science sowie für die Anerkennung dieses Forschungsgebietes. Unsere Ergebnisse sind nicht nur für Citizen Science als Forschungsfeld relevant, sondern geben exemplarisch Aufschluss darüber, wie sich ein partizipatives Feld in den letzten Jahren nachhaltig entfaltet und weiterentwickelt hat.

Bibliothek Raum 311

M. Mbah, R. Rhodius, B. Brohmann, D. Lang, C. Grauer: „Rolle von Kontexten für Formate und Methoden der transdisziplinären und partizipativen Forschung”
Impulsgebende:
D. Lang: Zu Kontextabhängigkeiten transdisziplinärer Forschung
B. Brohmann: Zu Exemplarischen Formaten transdisziplinärer Forschung
B. Oertel: Zu Kontexten und Formaten partizipativer Forschung
B. Rösener: Zu zu Orientierungen für die Gestaltung partizipativer und transformativer Prozesse

Kontexte variieren stark, weshalb transdisziplinäre und partizipative Forschungsansätze nicht in jedem Kontext in gleicher Weise passend und erfolgreich sein können. Unter Kontext verstehen wir zunächst die räumlichen und politisch-gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. Innerhalb dieser Rahmenbedingungen fokussiert ein Forschungsprojekt üblicherweise auf ein Handlungsfeld (wie bspw. Energie, Mobilität, Stadtentwicklung etc.) welches durch ein spezifisches Institutionensetting und Akteurskonstellationen geprägt ist (vgl. Lam et al. 2021). Daneben umfasst der Kontext auch Faktoren wie die Zusammensetzung des Projektteams sowie der zeitlichen und räumlichen Dimension seiner Durchführung (Tolksdorf et al. 2023). Dieses Setting ist der Rahmen, in welchem ein transdisziplinäres oder partizipatives Projekt durchgeführt wird und welches beispielsweise die Kooperationsbereitschaft zwischen den Akteuren, die Möglichkeiten und Grenzen sowie Offenheit dieser in einem Forschungsprojekt bzw. an einer gemeinsamen Forschungsfrage mitzuarbeiten beeinflusst. Hier gilt es Sensibilitäten des jeweiligen Kontextes zu identifizieren und Formate und Methoden entsprechend auszuwählen und anzupassen. In der transdisziplinären Forschung liegt der Fokus stark auf einer gemeinsamen Wissensproduktion zwischen Forschung und Praxis, welche mit Hilfe von unterschiedlichen Formaten strukturiert sein kann, je nach Zielgruppen und Wirkungsorientierung. So können beispielsweise Reallabore dazu dienen sowohl gesellschaftlich-mentale Impulse für gesellschaftlichen Wandel zu setzen als auch physisch-materielle Änderungen anzustoßen und hierbei unterschiedlichste Akteursgruppen einbeziehen, z.B. von Verwaltung und Politik über Zivilgesellschaft bis hin zu Öffentlichkeit. Ein anderes Format, wie beispielsweise die Theory of Change fokussiert hingegen auf die systematische Erarbeitung und Prüfung von Wirkungspfaden und bindet hierbei identifizierte und ausgewählte Akteure ein, um die Erarbeitung als auch das Beschreiten dieser Wirkungspfade zu ermöglichen. Künstlerische Formate arbeiten hingegen gern mit punktuellen Provokationen und Störungen – häufig im öffentlichen Raum – um die Öffentlichkeit einzubinden und Veränderungen durch einen Anstoß für einen individuellen Bewusstseinswandel zu initiieren (Rhodius et al. 2023). Methodisch sind die Formate transdisziplinärer Forschung mehr oder weniger eng ausgestaltet. In der partizipativen Forschung haben sich ebenfalls unterschiedliche Herangehensweisen etabliert, vom punktuellen Einbezug von Akteuren über die Anwendung von Formaten wie bspw. Bürgerräten bis hin zur Teilhabe an der Wissensproduktion wie in der Citizen Science. Hierbei steht mehr der Beitrag von Praxisakteuren zur Forschungsfrage für die Entwicklung wissenschaftlichen robusten Wissens durch die Wissenschaft im Fokus.Mit diesem Panel möchten wir die Bedeutung von Kontexten für die Auswahl des jeweiligen Forschungsansatzes und Forschungsdesigns herausarbeiten, wie auch Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen partizipativer und transdisziplinärer Forschung beleuchten. Hierfür wird es jeweils zwei Impulsvorträge aus der transdisziplinären als auch aus der partizipativen Forschung geben.

Hauptgebäude Raum 202

S. Kaden, K. Köpferl: „Mitmachen statt akzeptieren: Technik im Alltag älterer Menschen. Bericht aus dem Stadtlabor der TU Chemnitz”

ABSTRACT FEHLT!

A. Kurze, T. Lehmann, A. Bischof, A. Börner: „Simplications – Privacy by Co-Design und Partizipation im Smart Home Bereich”

Der Einsatz des Internet of Things (IoT) im „Smarten Zuhause“ verspricht Verbraucher:innen mehr Komfort, Sicherheit und Effizienz im Alltag. Dazu werden vermehrt vernetzte Sensoren eingesetzt, die viele vermeintlich einfache Daten – etwa Luftfeuchtigkeit, Temperatur, Helligkeit oder Bewegung – erheben. Diese Sensoren werden von Bewohnern oder von Dritten (Vermieter, Verwandte) in Wohnungen installiert, oder sind in Haushaltsgeräten und Alltagsgegenständen wie Smart TVs integriert. Im Gegensatz zu den Risiken und Implikationen smarter Geräte, die Video und Audio erfassen, wie „intelligente Lautsprecher“, ist insbesondere im öffentlichen Diskurs ein mangelndes Problembewusstsein und Verständnis für Risiken und Implikationen für Privatheit durch vermeintlich einfache Sensordaten festzustellen.

Simplications wird gemeinsam mit Verbraucher:innen die möglichen Implikationen der Nutzung von vermeintlich einfachen Sensoren im Zuhause partizipativ erforschen. Daran anschließend wird Simplications Medien und Interventionen zur digitalen Bildung gestalten und einsetzen, die zu einer informierteren Gestaltung und Nutzung von Sensordaten-Anwendungen im Zuhause beitragen. Diesen kombinierten Ansatz aus partizipativer Forschung und Gestaltung von Bildungsangeboten zum Transfer über zivilgesellschaftliche Organisationen nennen wir Privacy by Co-Design, und wollen dem etablierten Privacy by Design so das Element der Partizipation hinzufügen.

S. Büchner: „Wer assistiert wem? Warum helfende Berufe und Organisationen der Hilfe für partizipative Technikentwicklungen eigene Herausforderungen bereithalten”

Hilfe und Assistenz sind in der modernen Gesellschaft positiv konnotiert. Gerade in Arbeitskontexten, die von Arbeitsverdichtung und Fachkräftemangel geprägt sind, versprechen technische Assistenzen eine Kombination aus Entlastungen der Arbeitskräfte an der Basis und reputationsfördernder Innovation. So überrascht es nicht, dass digitale Assistenz- und Unterstützungssysteme besonders in helfenden Berufen wie Sozialer Arbeit und Pflege und in Organisationen der Hilfe wie Pflegeeinrichtungen erprobt werden. Der Vortrag beleuchtet unter Rückgriff auf aktuelle Forschungsarbeiten sowie auf zwei Forschungsprojekte, welche besonderen Herausforderungen für eine partizipative Technikentwicklung wie für die sozialwissenschaftliche Analyse aus der Hilfeorientierung dieser sozialen Kontexte erwachsen. Zum einen handelt es sich dabei um ein abgeschlossenes Projekt zur partizipativen Entwicklung von Pflegesensorbetten in einem stationären Altersheim (OPAL). Zum anderen greift der Vortrag auf Einsichten aus der ethnografischen Analyse der Digitalisierung in einem Jugendamt, einem Krankenhaus und bei einem App-Entwickler für Jugendhilfedokumentation zurück, die im Rahmen der laufenden Studie „Digital Cases“ gewonnen wurden. Der Vortrag beleuchtet Hilfeorientierung aus einer professionssoziologischen und einer organisationssoziologischen Perspektive. Darauf aufbauend werden die besonderen Herausforderungen partizipativer Technikentwicklung an drei Dimensionen diskutiert: Der der invisible work im Forschungs- und Entwicklungsprojekt (1), der der informellen Erwartungen und Rollen (2) sowie der der Koproduktion und das Zum-Funktionieren-Bringen (Bischof 2019). Der Vortrag plädiert dafür, die Hilfeorientierung von Professionen und Organisationen nicht nur als Ressource für partizipative Technikentwicklung zu begreifen, sondern ihrem ambivalenten Charakter mehr Aufmerksamkeit zu schenken.

T. Krieger, G. Nellessen-Martens, K. Dittmer: „Partizipation sichtbar machen: das Partizipationsnetz und dessen Anwendungserfahrungen bei der Projektevaluierung im Bereich Pflege”

In der Gesundheits- und Versorgungsforschung gestaltet sich nicht nur die aktive Partizipation der Beteiligten (z.B. von Pflegefachkräften oder Patient:innen) an der Forschung selbst, sondern auch die Illustration der Beteiligung (Zeitpunkt, Partizipationsgrad, -stufe oder -ausprägung) im Forschungsprozess nach wie vor als herausfordernd. Trotz der Verfügbarkeit unterschiedlicher Partizipationstypologien (z.B. Partizipationsleiter, -stufen, -matrix) fällt es schwer transparent darzustellen oder zu dokumentieren, wer mit welcher Ausgestaltungsmacht in welcher Forschungsphase beteiligt werden soll, sollte oder retrospektiv betrachtet tatsächlich mitgestalten durfte.
Ziel dieses Beitrages ist es, das Partizipationsnetz (kurz Part-Netz) mit seiner Genese vorzustellen und dessen Nutzung an einem Praxisbeispiel zu verdeutlichen.
Das Part-Netz dient dazu, die Intensität der Beteiligung verschiedener Stakeholder in den einzelnen Projektphasen (von der Idee bis zur Umsetzung) kritisch zu reflektieren und/oder transparent zu dokumentieren. Es wurde entwickelt, um die Verstehbarkeit, Sichtbarkeit sowie Dokumentationsfähigkeit partizipativer Ansätze zu optimieren und so den Mehrwert von Partizipativem Arbeiten und Forschen zu stärken. Es kann als Planungs-, Monitoring sowie Evaluationsinstrument dienen und von unterschiedlichen Stakeholdern (z.B. Förderorganisationen oder partizipativen Forschungsteams) genutzt werden. Durch die Sichtbarmachung der Beteiligung in den unterschiedlichen Projektphasen können beispielsweise Erwartungen aufgespürt (Ideenfindung), Ressourcen passgenau allokiert (Konzipierung und Planung) oder auch Veränderungen bezüglich der Partizipationsmöglichkeit (z.B. Ressourcendefizite) verdeutlicht werden. Zudem kann es die Notwendigkeit nach Vernetzung und transdisziplinärer Forschung im Bereich Gesundheit hervorheben. Um die Anwendung des Instrumentes zu veranschaulichen und von ersten Erfahrungen zu berichten, soll die begleitende Evaluierung der Entwicklung und Implementierung einer Ausbildungsstation in einem Krankenhaus als ein Projekt aus der Pflege vorgestellt werden. In diesem Projekt fand das Part-Netz in der prospektiven sowie formativen Evaluation Anwendung. Die Ausbildungsstation dient als Bindeglied zwischen dem Lernort Schule und der Praxis der Pflegeausbildung. Folglich sind mit den Stakeholder der beiden Settings an diesem Projekt diverse Interessengruppen beteiligt. Partizipativ angewendet macht das Part-Netz zunächst sichtbar welche Stakeholder wann und wie beteiligt sein sollen oder müssen und gibt ihnen darüber die Möglichkeit den Grad der Partizipation bewusst zu entscheiden und sich so aktiv in die Projektumsetzung einzubringen



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