Abstracts

Nuske, Jessica; Becke, Guido; Bleses, Peter; Friemer, Andreas

Transdisziplinarität in der BMBF-geförderten Arbeitsforschung: eine Reflexion methodologischer Potenziale und Herausforderungen

Die Arbeitsforschung ist seit jeher ein interdisziplinär geprägtes Forschungsfeld, welches sich durch eine enge Kooperation mit der Praxis auszeichnet. Insbesondere die BMBF-geförderte Arbeitsforschung ist von einer praxisorientierten Förderstruktur geprägt, welche den Stellenwert des umsetzungs- und transferorientierten Charakters von Forschungsergebnissen mittels partizipativer Kooperationen mit der Praxis hervorhebt. Im (möglichst) kontinuierlichen Austausch sollen praxistaugliche Lösungsansätze entwickelt und erprobt werden, um diese anschließend möglichst über die beteiligten Praxispartner:innen hinweg in die Breite der betrieblichen Praxis zu tragen. Ziel des Beitrags ist es, die Potenziale und Hemmnisse der transdisziplinären Forschungsstrategie mit den strukturellen Rahmenbedingungen der BMBF-geförderte Arbeitsforschung zu kontrastieren und diese Gegenüberstellung im Sinne einer kritisch-methodologischen Reflexion systematisch zu behandeln. Die empirische Grundlage dafür liefert die im BMBF-geförderten Projekt „Wissenstransfer in transdisziplinärer Arbeitsforschung (WiTraDis)“ durchgeführte Inhaltsanalyse ausgewählter Förderprogramme und -schwerpunkte der BMBF-geförderten Arbeitsforschung der vergangenen dreißig Jahre. Flankiert werden diese Auswertungen von einer Reihe von Expert:inneninterviews. So soll der Frage nachgegangen werden, wie die in den Förderprogrammen und -schwerpunkten der BMBF-Arbeitsforschung explizit eingeforderte Praxiskooperation beschrieben und verstanden und strukturell gerahmt wird. Die Ergebnisse sollen dann mit den Spezifika der transdisziplinären Arbeitsforschung kontrastiert werden. Die Ergebnisse dieser Kontrastierung deuten darauf hin, dass der Anspruch auf Transdisziplinarität im Verständnis einer dialogorientierten Praxisforschung nicht vollständig eingelöst werden kann. So stellt der Fördermittelgeber die eingeforderten umsetzungsorientierten Produkte der Forschungs- und Entwicklungsprojekte in den Mittelpunkt. Es stellt sich die Frage, ob auf diese Weise der wissenschaftstheoretischen und methodenorientierten Reflexionen insbesondere hinsichtlich der wissenschaftlichen Validität und Generalisierbarkeit genügend Raum gegeben werden kann.

Kreß-Ludwig, Michael; Marg, Oskar; Lux, Alexandra

Gesellschaftliche Wirkungen transdisziplinärer Forschung: Wirkungsdimensionen, Wirkungsketten und Wirkungsförderung

Transdisziplinäre Forschung (TDF) zielt darauf ab, Nachhaltigkeitstransformationen zu initiieren und zu unterstützen. In den letzten Jahren wird verstärkt diskutiert, welche gesellschaftlichen Wirkungen TDF erzielen kann, wie diese analysiert und durch welche Prozesse und Formate diese Wirkungen gefördert werden können. Vor diesem Hintergrund werden im Vortrag Kategorien gesellschaftlicher Wirkungen, ihre Verknüpfung im Sinne von Wirkungsketten sowie Thesen zur Wirkungsförderung vorgestellt. Die Ergebnisse basieren auf einer Begleitforschung zu transdisziplinären Stadtforschungsprojekten (im Rahmen des Projekts SynVerZ). Dabei wurden 48 Projekte mittels Befragung, Beobachtung und Dokumentenanalyse hinsichtlich ihrer intendierten Wirkungen und sechs Projekte im Rahmen vertiefender Fallstudien mittels Interviews hinsichtlich ihrer realisierten Wirkungen sowie der Methoden zur Förderung dieser Wirkungen untersucht. Durch die breite Analyse aller Projekte wurden drei Wirkungsdimensionen (mit wiederum verschiedenen Wirkungsformen) identifiziert: 1. soziale und individuelle Veränderungen, 2. Veränderungen der Governance und 3. Veränderungen der physischen Umwelt. Die vertiefte Analyse der sechs Fallstudien hat gezeigt, dass die Projekte häufig mehrere Wirkungsbereiche adressieren und vielfältige Wechselwirkungen zwischen den Wirkungsdimensionen bestehen. Dabei lassen sich drei Wirkungspfade mit unterschiedlichen Ausgangspunkten identifizieren: direkte individuelle Veränderungen durch Lernprozesse und Vernetzung (Wirkungspfad 1), experimentelle physische Veränderungen, die gemeinsames Handeln und Lernen fördern (Wirkungspfad 2) sowie Veränderungen in der kommunalen Verwaltung, die zu langfristigen Verhaltensänderungen führen (Wirkungspfad 3). In den Fallstudien wurden auch Zusammenhänge zwischen Prozessen, Formaten und Wirkungen untersucht und daraus zehn Thesen zur Förderung gesellschaftlicher Wirkungen abgeleitet. Die im Vortrag vorgestellten Ergebnisse tragen dazu bei, die Wirkungen von TDF besser zu verstehen und zu fördern und leisten damit einen Beitrag zum Themenschwerpunkt 1 „Leitlinien und Qualitätskriterien“.

Defila, Rico; Di Giulio, Antonietta

Von der Gratwanderung zwischen einem partizipativen und einem transdisziplinären Vorgehen – ein Akteurs-Ziel-Modell

Ob ein Projekt partizipativ oder transdisziplinär ausgerichtet ist, beeinflusst nicht nur die Auswahl der außerwissenschaftlichen Akteure, sondern auch die Frage, welche Beiträge die außerwissenschaftlichen Akteure leisten, und die Frage, welche Wissens- und Erfahrungsbestände in das Projekt einfließen. Über diese epistemologisch-kognitive Dimension hinaus wirkt es sich darauf aus, wer an welchen Forschungsentscheidungen beteiligt ist, und damit auch darauf, wie planbar ein Projekt ist. Des Weiteren tangiert es Aspekte wie Methodenwahl, Ethik und Evaluation. Die Erfahrung zeigt, dass der Unterscheidung zwischen partizipativen und transdisziplinären Vorgehensweisen in der Forschungspraxis oft zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird, dass diese oftmals sogar nahezu synonym verwendet werden. Basierend auf unserer eigenen transdisziplinären Forschung, auf unserer theoretischen und empirischen Forschung über transdisziplinäre und transformative Forschung, und basierend auf unserer langjährigen Erfahrung in Training, Coaching und Beratung von Forschenden, Projektteams und Fördergebern haben wir ein Akteurs-Ziel-Modell entwickelt, das wir in Forschungsvorhaben einsetzen, um diesen zentralen Unterschied zu reflektieren. Das Akteurs-Ziel-Modell kann dazu genutzt werden, die Auswahl der außerwissenschaftlichen Akteure strukturiert anzugehen und diese zu verbinden mit der Frage nach den Beiträgen, die diese Akteure im Projekt leisten wollen, können und wollen. Schließlich kann es, insbesondere in transformativen Projekten, dazu genutzt werden, die Frage der Legitimation zu reflektieren. Im Fachvortrag präsentieren wir die theoretischen, empirischen und forschungspraktischen Grundlagen des Modells und stellen zur Diskussion, welchen Beitrag das Modell leisten kann mit Blick auf die theoretische und forschungspraktische Weiterentwicklung von Partizipation in der Forschung.

Laborgne, Pia; Parodi, Oliver; Albiez, Marius; Stelzer, Volker

Karlsruher Reallabor Nachhaltiger Klimaschutz (KARLA): Syntheseprozess und Ergebnisse eines transdisziplinären Reallaborprojekts zu nachhaltigem Klimaschutz

Im Karlsruher Reallabor Nachhaltiger Klimaschutz wurden gemeinsam mit über 30 Partner*innen aus der Stadtgesellschaft Beiträge für einen nachhaltigen Klimaschutz entwickelt und forscherisch begleitet. Neben der Initiierung und Untersuchung von Klimaschutzmaßnahmen werden städtische Klimaschutzmaßnahmen aus Nachhaltigkeitsperspektive beurteilt um beide Konzepte zu verbinden und nachhaltigen Klimaschutz in Karlsruhe voranzubringen. Neben Praxis- sowie damit verbundenen Bildungszielen, steht im Reallaborprojekt die Erarbeitung neuer Wissensbestände im Vordergrund – dies gilt insbesondere für die Typen Ziel- und Transformationswissen. Dabei birgt der transdisziplinäre und transformative Anspruch besondere Anforderungen und Herausforderungen etwa an Reflexion, Anschluss an und Integration unterschiedlicher Disziplinen und von Praxiswissen. Eine spezifische Herausforderung von KARLA liegt in der thematischen Bandbreite mit drei Handlungsfeldern: 1) Nachhaltigkeitsbewertung von kommunalen Klimaschutzmaßnahmen, 2) fünf Transformationsexperimente von klimafreundlichen Kantinen bis hin zur Ausbildung von Solarteuren und 3) Institutionalisierung von Klimaschutz (Klimapakt). Der Beitrag stellt den Reflexions- und Syntheseprozess sowie auf Interviews und Workshops mit beteiligten Forscher*innen, der Begleitforschung und Praxispartner*innen basierende übergreifende Ergebnisse vor. Grundfragestellung für diese Ergebnisintegration ist dabei, wie nachhaltiger Klimaschutz so umgesetzt werden kann, dass er gesellschaftlich anschlussfähig und wirkungsvoll ist. Ein erstes, zentrales Ergebnis ist die bedeutsame Rolle sozialer Innovationen. Diese sozialen Innovationen sowie Erfolgsfaktoren und Hemmnisse wurden in Syntheseworkshops gemeinsam herausgearbeitet und stellen eine gute Grundlage für die weitere Reflexion und Umsetzung nachhaltigen Klimaschutzes dar. Die Ergebnisse erreichen einen Abstraktionsgrad, der vermuten lässt, dass diese auch für andere Reallaborprojekte und Klimaschutzbemühungen einschlägig und gültig sein können. Prozess und Syntheseleistung innerhalb KARLA kann so zu einer Vergleichbarkeit von Reallaborprojekten insgesamt beitragen. Dies gilt es zu diskutieren.

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